Der einsame Ork

[Morgenrot, Teil 2]

Das Blut tropft über seine zerschundenen nackten Unterschenkel. Die zwei geflügelte Streitaxt, noch hocherhoben, grinste er. Er grinste über das ganze Gesicht, das Lächeln eines Siegers. Seine mächtigen Hauer lugten hervor und verliehen ihm ein beängstigendes Aussehen. Jeder seiner gewaltigen Muskeln war angespannt, die Schlacht würde bald beginnen.

Er stand auf einem Hügel, einem Hügel voller Leichen. Jede bis ins Letzte zerfetzt und verstümmelt und trotz allem wollten diese Körper keine Ruhe finden, griffen mit ihren Fingern zu Klauen verzerrt nach seinen Füßen, rissen an seinem Körper und behinderten ihn. Doch so oft er auch seine Axt niedersausen ließ, Arme vom Körper trennte oder sogar den Kopf entzweite, für jeden zu Boden geschickten Feind sah er hundert Neue. Seine eigene Brut, von seiner Hand geschaffen, kämpfte nun im Tod gegen ihn. Er war ihr Herr und sie wollten sein Ende.

Er schlug seine Hauer in den Schädel eines Feindes und riss den Kieferknochen heraus, seine Axt teilte die Massen und er tanzte den Tanz des Todes. Doch Verzweiflung oder Angst konnten nicht aufkommen, so sehr war er in seinem Hass und Zorn gefangen. Seine rechte Hand schnellte nach vorne, er verband die Fäden der Bäume mit den Fäden der Luft und erzeugte einen Tornado aus Bäumen, Erde und Steinen. Alles Leben im Umkreis von vielen Hundert Schritt. Doch es wurden nicht weniger, seine eigenen Jungs kämpften gegen ihn, es waren so erschreckend viele.

Ein Biss ließ ihn kurz die Konzentration verlieren und die Bäume fielen zu Boden. Eine der Leichen hatte ihm in die Verse gebissen. Mit einem entschiedenen Schritt zermalmte er den Schädel. Stunde um Stunde focht er auf diesem Hügel. Die Leichenberge um ihn wuchsen, doch auch seine Kraft erlahmte. Er spürte seine Muskeln schmerzen, die Axt war schwer und die Wege zur Magie waren dunkel. Langsam keimte der Verdacht des Unterganges, des Erlöschens in ihm. Er blickte sich um, doch von dem magischen Tor war nichts zu sehen. Erneut verfluchte er diesen weltlichen Körper, der ihm so viele Restriktionen auferlegte und ihm so wenig erlaubte. Er wollte doch nur wieder unter seinen Jungs sein und mit ihnen in den Kampf ziehen, viel zu lange war er weg gewesen. Musste es so enden?

Er brauchte das Tor, irgendein Tor, doch er konnte nicht so einfach entkommen. Keiner seiner Brüder und Schwestern waren zu seiner Rettung erschienen. Im ersten Monat im Jahr verstand er es, auch er hätte sich zurückziehen sollen, doch er konnte seine Horde nicht alleine lassen. Doch nun sollten sie ihn langsam retten. Trotzig spuckte er auf den Boden, er brauchte sie nicht. Er brauchte niemanden, er war der Herr der Orks, mehr war nicht nötig. Er würde, wenn es sein musste, alleine all dieses Gezücht töten und auch seiner dämonischen Schwester den Schädel einschlagen. Elende Hure der Dunkelheit.

Sein zorniges Brüllen erfüllte das Schlachtfeld, geifernd und knurrend lief ihm der Schaum aus dem Mund. „Piun, Bruder, hörst du mich? Hol mich hier raus, sonst schwöre ich, breche ich dir das Genick!“ Er wusste, dass es nur leere Drohungen waren, die er in seiner Wut schrie, schließlich wusste er, dass nur noch wenige seiner Eigenen lebten. Die anderen Rassen waren ihm nie sehr zugetan gewesen, nur die Eigenbrötler, Jäger und Waldmenschen wussten um seine Macht und glaubten wahrhaft und diese waren einfach zu wenige für diese Schlacht.

Er holte zum Hieb aus und schickte gleich fünf seiner Feinde zu Boden. Sie zogen sich zurück, langsam aber sicher zog sich der Feind zurück. Die kurze Verschnaufpause tat ihm gut, schnell verband er Feuer und Wasser miteinander, um all die Leichen in Asche zu verwandeln und den Dreck hinwegzuspülen.

Er war nun in einem Ring von Feinden mit dem Rücken an einem großen Felsblock gedrückt. Aus toten Augen grinsten seine Feinde ihn an. Sie wollten nur sein Fleisch, sein Blut und seine Macht. Doch der Ring teilte sich und seine unheilvolle Schwester schritt langsam auf ihm zu. Noch immer, nach über zweitausend Jahren, lief ihm bei ihrem Anblick das Wasser im Munde zusammen. In den wenigen Stunden, wenn seine Geschwister alle beschäftigt waren, war er oft an ihrem Gefängnis gestanden und hatte sie betrachtet. Auch jetzt verfehlte ihre wundervolle schlanke Gestalt, ihre weiße Haut und das makellose Gesicht nicht die Wirkung auf ihn. Sollte er jemals wieder ein Wesen erschaffen, er würde es nach ihrem Ebenbild formen. Sie war perfekt, nichts würde er an ihr ändern. Er rief den tiefen Zorn in sich wieder wach, der dort brodelte, seit sie ihn abgewiesen hatte und sich ins Bett von Hebrin gelegt hatte. Er konnte ihr widerstehen, er musste ihr widerstehen, der Hure der Dunkelheit.

Sie lächelte und sein frischer Zorn schmolz. Sie war so nah, dass er ihren Duft roch und es gab keinen Zorn mehr und die schwere Axt sank zu Boden. Ein schlanker Finger fuhr über seine breiten Brustmuskeln und ließen diese erbeben. Ein leises Knurren ließ ihn aus seiner Traumwelt hochschrecken, sein Blick fuhr zu den zwei gewaltigen Ungurs, die in ihrem Rücken standen und als ständige Beschützer bei ihr waren. Schwere magische Ketten verbanden die Monster mit Ihr. Die Krallen wetzten nervös über den Boden und waren so scharf und tödlich, dass sie auf dem harten Fels tiefe Spuren hinterließen. Auch Ihr Blick viel auf den Ungur der geknurrt hat und ihre Bezierzung zunichtegemacht hatte. Der Ungur wimmerte und warf sich in den Dreck, so sehr fürchtete dieses gewaltige Monster den Zorn seiner Herrin.

Der Bann war gebrochen und die Hölle brach los. Narbasch lies seine Axt auf Ahsarale niederfahren, doch diese bog ihren Rücken leicht durch und entging so der Waffe. Schon begann sie Worte zu murmeln. Ein gewaltiger Stoß fuhr durch den Körper des Orkgottes und fetzte Fleisch davon, lies Knochen schmelzen und das Blut verdampfen. Doch so einfach würde es nicht sein. Die gewaltige Axt wirbelte durch die Luft und spaltete einen der Ungurs in zwei Teile. Magische Worte ließen sein Fleisch wieder erstehen, sprühten Funken in ihre Augen und schmolzen den Boden zu ihren Füßen. Doch nichts brachte sie aus der Ruhe. Ihr Körper verging in einer Feuerwalze und doch stand sie, als das Feuer erlosch, noch immer betörend lächelnd nur einen Schritt vor ihm. Magie begann zu beben und zu wogen als das Licht und die Dunkelheit aufeinandertrafen, einander zerfleischten, rissen, vergingen und neu erstanden. Der Wahnsinn war über Gerbalon gekommen, hier kämpften Götter.

Stunden vergingen, zuvor Ruhe einkehrte und der Dunst des Kampfes sich lichtete. Ein einsamer Ork lag sterbend am Boden.

OT Info: Für alle Magier: Ihr spürt, wie die Magie des grünen Herren eine schwere Erschütterung erleidet und für einen kurzen Moment gibt es keinen grünen Faden. Zuvor er wieder in die Welt zurückkehrt, so als wäre nichts gewesen. Es wird im FRPG bekannt gegeben, wann die Erschütterung euch trifft.