Hoffnungslose Handlungen

[Der Krieg, Teil 4]

Die Schlachtreihen der Armee von Kaiser Xinlu dem III, göttlichster Herrscher, Herr des Lichts und der Flamme, nahm langsam Stellung auf dem Schlachtfeld. Der Fluss, der die Heere trennte, war vor Tagen schon sorgfältig präpariert worden. Die Flanken befestigt, sodass der Feind über die Mitte angreifen musste, wollte er sich nicht in langen und verlustreichen Kämpfen um die Palisaden herum aufreiben. Xinlu saß in seiner golden schimmernden Rüstung auf dem weißen Pferd und wartete. Er konnte warten, den der Sieg war ihm gewiss. Viele Jahre hatte er auf diesen Moment hingearbeitet, es wird die letzte Schlacht sein. Die letzten Abtrünnigen, die letzten Anhänger des falschen Glaubens waren an den Rand der Vernichtung getrieben. Dies hier war nur noch ein letzter kleiner kümmerlicher Aufstand in ihrem verzweifelten Handeln, der ihr Schicksal besiegeln wird.

Die Reihen der Feinde waren nicht halb so stark wie sein eigenes Heer und trotzdem würde er sie kommen lassen, würde sie zwingen durch den Fluss zu reiten und ihn anzugreifen. Viel zu oft hatten seine Generäle in der Vergangenheit die Verderbtheit des Feindes unterschätzt. Viel zu viele waren wegen der dunklen Machenschaften gefallen. Vergiftetes Wasser, Leichenstaub, Blutfliegen und vieles mehr. Der Feind war gerissen, die Kämpfe waren schwieriger geworden, die Dunkelheit war gerissen, sie lernte hinzu und hatte mächtige Verbündete.

Die alten Götter hatten sich verbunden, die alten Götter, die Dunkelheit. Egal an was die Ungläubigen ihre Gebete richteten, hier und heute starb es mit ihnen. Wo kein Glaube, da keine Götter, das hatten ihm seine Priester versichert.

Die Magier des Feindes verbargen sich, er würde sie später aufspüren. Sie waren nirgends in der Schlacht zu sehen. Seit seine Magier die „Carminis“ erschaffen hatten, hatte sich das Schlachtenglück gewendet. Diese kleinen Steine, geformt wie Spielfiguren von Kindern, machten den Träger immun gegen Magie, sie ließen Magier in Sekunden zu Asche zerfallen.

Er lächelte, denn jetzt kam der Feind. Der Sieg war nah, es begann.

Die Schlacht war geschlagen. Der Fluss würde sich von diesem Gemetzel wohl nie mehr erholen, es war ein Sumpf. Ein blutender Sumpf. Er wusste nun, dass die Götter mit ihm waren, der Achtzackige Stern schimmerte im Himmel zum Zeichen seines Sieges. Sein Geisterberater Hiamovi trat zu ihm und wollte das weitere Vorgehen besprechen, schließlich musste das Eisen geschmiedet werden so lange es heiß war, das Reich musste geeint werden. Ob Hiamovi ahnte, dass er bald sterben würde? In diesem Reich war kein Platz für Schamanen und Geister, nur für die Götter und dem Einen. Valirian selbst hatte zu ihm gesprochen und ihm die Kaiserkrone versprochen. Er musste nur all die falschen Götter töten.

Malfair rei Belenius schlug das schwere Buch zu, das auf dem alten Eichenholztisch vor ihm lag. Er genoss es, die alten Geschichten über Xinlu zu lesen. Er wusste, dass er auch einmal in einem Buch erwähnt werden würde. Er würde dann der Held sein. Er schob das Buch zur Seite und besah sich den Tisch genauer, es war eine riesige Karte der bekannten Welt und darauf verschob er seine Schachfiguren.
Seine Schachfiguren.

Er hatte einer der größten Armeen, die Gerbalon jemals gesehen hatte, unter seiner Kontrolle. Er konnte die Macht fühlen, mit seinen Fingern verschob er einzelne Figuren und er wusste, dass sich tags darauf tausende von Männern in Bewegung setzen würden.

Den erneuten Schachzug hatte er lange geplant, er hatte viele Gespräche mit seinen Beratern geführt, doch es gab nur diese eine Lösung, die den Sieg versprach. Seine Truppen hatten den Befehl erhalten. Mögen die Götter leuchten.

Sein muskulöser Körper troff vor Blut. An ihm hingen nur noch Reste seiner einst mächtigen, dornenbewährten Rüstung. In seinen mächtigen Pranken hielt er einen schweren Kriegshammer, in der anderen ein schweres Schild. Seine Schritte führten ihn durch die Feinde, oder das, was von ihnen übrig war. Zerfleischte und zerfetze Körper, die den Boden mit ihrem Blut rot färbten. Die edlen, mit feinstem weißem Marmor ausgelegten Stufen der Hallen der Winde waren in tiefem rot gefärbt, die Fliegen hielten schon Einzug und der eiserne Geschmack von Blut lag in der Luft.

Er genoss es, er zog die Luft tief durch seine gewaltigen Nüstern. Viel zu lange war er nicht mehr in einem lebenden Körper geschlüpft, viel zu lange hatte er nicht mehr mit seinen Jungs getötet. Viel zu lange hatte er auf seine Rache an der Schlampe verzichtet. Jetzt hatte sie sich an ihrer Liebe wahrhaft die Finger verbrannt. Ein Lächeln ging über sein Gesicht bei diesem Witz. Schade, dachte er so bei sich, dass niemand in seiner Nähe war, der diesen Witz auch zu würdigen wusste.

Langsam ging er die Stufen hinauf. Vor ihm kniete der Oberste Magier des Windes und er wurde von seinen Jungs festgehalten. Zaubern konnte der alte Drecksack nicht mehr, in seiner Nähe war das Licht an ihn gefesselt, ein guter kleiner Trick den er sich von Lyst abgeschaut hatte. Die Fotze dachte, er, Narbasch, sei dumm, aber er war nicht dumm. Seine Schachzüge würden den Krieg verändern. Jetzt war er mit der Dunkelheit und den Monstern hinter dem Tor der schreienden Qualen gefangen, von dort begannen die Untoten ihr düsteres Dasein und der Wind wäre nie stark genug gewesen sie aufzuhalten. Er jedoch war es, er würde sie aufhalten. Seine Truppen würden durch das Portal nachrücken, der Tempel der Winde wäre der neue Stützpunkt der Schlacht, das Tor der Qualen würde bald von seinen Goblins zugeschüttet sein und in beide Richtungen zu verteidigen und dann würde er in den Süden ziehen, würde Ahasarale herausfordern und sie und ihre Wesen endgültig vernichten. Doch zuvor er sie vernichtete, würde er sie, seine kleine Schwester würgen und schlagen und ihr langsam das Leben heraus prügeln. Dann würde ihm und seinen Jungs das ganze östliche Land gehören, niemand würde sie stören. Niemand würde sie verfolgen und morden.

Fast hatte er oberste Magier vergessen, der irgendwelches unverständliches Zeug stammelte. Dieser beschwor Hawa und verfluchte ihn, doch was kümmerte ihn dieses Lichtlein? Er erschlug ihn mit seinem Hammer, Gehirn spritze über den Boden und ein kleiner Teil schlug ihm ins Gesicht und gegen seinen Mund. Er leckte sich die Lippen. Nichts ging über den Geschmack des Sieges und nichts schmeckte mehr nach Sieg als der tote Feind.

Malfair rei Belenius unterschrieb den letzten Befehl. Die Truppen würden das Tor der schreienden Qualen weiträumig von außen absichern, würden Gräben und Wälle ausheben. Das magische Portal, das der Geheimdienst gemeldet hatte, würde verschlossen werden und die Orks währen mit der Dunkelheit gefangen. Die Orks und Untoten würden sich bekriegen bis nur noch wenige von ihnen übrig währen, danach würde er das Tor angreifen und einmarschieren. Das Problem würde sich wie von selbst lösen. Er musste nicht viel mehr tun außer warten, dass seine Pläne reiften und gediehen. Er griff mit der linken Hand zum Weinglas und schwenkte es leicht. Er leckte sich über die Lippen. Nichts ging über den Geschmack des Sieges und nichts schmeckte mehr nach Sieg als der kostbare Rotwein, nachdem ein Plan reife Früchte trug.

OT Info für unsere Magier/Priester: Da ihr weder eine Veränderung der Welt noch einen Wandel in eurer Macht wahrnehmt, ist mit dieser Schlacht wohl kein Gott gestorben. Das heilige Herz des Windes ist dem grünen Bruder wohl nicht in die Hände gefallen, vielleicht aber auch ist der Glaube in euren Herzen so tief verwurzelt, dass es nicht so einfach ist einen Gott auszulöschen. Wie dem auch sei, die Schlacht ist geschlagen, es ist wieder möglich, Charaktere des Windes zu erstellen. Einzig und allein können sie nicht aus dem Ostteil der Welt stammen, dort gibt es keine Menschen mehr, das versichere ich euch. Der nun wohl größte Tempel des Windes steht in Leifrin und wird vom Vorsteher Raipon Flügelschlag geführt. Die Magier jedoch haben kein wirkliches zentrales Zuhause, dazu ist der Wind zu unstet gewesen, sich an einem anderen Ort niederzulassen, es gibt nur noch die wandernden Lehrmeister.