Die Amazonen

Teil I – Die Herkunft/Entstehung

Wer ist euer Vater?
DER HERR VALIRIAN!
MÖGEN IHM MEIN LEBEN UND MEIN TOD ZUR EHRE GEREICHEN!
Wer ist eure Mutter?
DIE KÖNIGIN!
MÖGE IHR VALIRIANS FLAMME LEUCHTEN!
Wer ist eure Familie?
DAS VOLK DER AMAZONEN!
AUF DASS WIR SEINEN RUHM VOR DEM VATER MEHREN!

Setzt euch, Töchter!

Das hastige rascheln von Umhängen, die als Sitzunterlage auf den Waldboden gebreitet werden ist zu hören, ehe sich die erwartungsvollen Blicke der sechs junger Frauen, auf die Oberin richten.

Besinnt Euch darauf, wo unser stolzes Volk seinen Ursprung hat.

Ein kurzes Kopfnicken in die Richtung einer der Töchter.

In der Zeit des Wissens zogen unsere Vorfahren aus dem heiligen Land Valirians gen Norden, um die Kaltländer den Glauben an den Vater näherzubringen und so gleichermaßen die Stärke der Menschen als auch seine Größe zu mehren. Zwölf mal zwölf verließen die Heimat, Krieger, Priester und Magier, Männer und Frauen, unter ihnen Nuri Ahmadalah al Amvah, die Mutter der ersten Königin Amazone al Amvah, deren heiligen Namen unser Volk bis heute trägt.

Zu dem Zeitpunkt als die erste Mutter gekrönt wurde, regierte sie jedoch nur über Frauen.

Eine Feststellung, keine Frage. Doch als der unnachgiebige Blick der Oberin das nächste Mädchen trifft, setzt dieses ohne zu zögern zu einer Erklärung an:

In den dunklen Jahren, die folgten, kämpften die Gesandten des Wüstenvolks gegen die hereinbrechende Schar der Untoten. Viele starben. Die wenigen, die ins Leben zurückfanden, nachdem sie an der Schwelle zwischen Leben und Tod gestanden hatten, berichteten, dass ihnen, die schönste Harkash erschien, die sie je gesehen hätten und ihnen ein ewiges Leben an ihrer Seite versprach, noch ehe sie die Feuerrösser bestiegen hatten, die sie in die ewige Schlacht in Valirians jenseitiges Reich tragen sollten. In dieser Gestalt verführte die Fresserin des Lebens einen Mann nach dem anderen und wer noch am Tag zuvor ehrenhaft zum Schutz seiner Brüder und Schwestern gefallen war, versuchte am nächsten bereits sich am Fleisch der Lebenden zu nähren und hatte sein ewiges Heim im Reich des Vaters unwiederbringlich verloren.

Was sagt uns das über das Wesen der Männer?

Eine weitere Schülerin antwortet:

Sie sind nicht für den Kampf geschaffen. Sie halten sich für unentbehrlich, für unbesiegbar und sind dadurch zu leicht zu verführen. Nur die Liebe einer Frau zu Valirian reicht über den Tod hinaus, nur eine Frau vermag es auf dem Schlachtfeld über die Schwelle in sein Reich zu treten ohne zu zögern oder zurückzublicken. Deshalb feiern wir unsere Toten, anstatt sie zu betrauern und deshalb ist jedem Knaben oder Mann die Aufnahme in unser Volk, die Kenntnis unserer Geheimnisse verwehrt.

Wie konnte trotzdem aus den Überlebenden ein Volk wachsen?

Die vierte junge Frau greift die Entstehungsgeschichte an der Stelle wieder auf, an der ihre Vorrednerin unterbrochen wurde:

Einige der überlebenden Missionarinnen trugen bereits ein Kind unter dem Herzen, ehe der letzte Mann ihrer Gruppe gefallen war. Wurde eine Tochter geboren, so wurde sie freudig empfangen, einen Sohn übergab man zur Sühne des Verbrechens der Erzeuger den Flammen als Opfergabe an Valirian. Im entlegenen Nordwald, fernab großer Menschenansammlungen, errichteten sie ein Bollwerk gegen die wenigen Feinde, die sich dorthin verirrten. Dies sprach sich herum und über die Jahre schlossen sich ihnen zunehmend mehr Flüchtlinge an. Frauen und Mädchen wurden unter der Bedingung, dass sie sich zur Streiterin ausbilden ließen und den Gesetzen Valirians unterwarfen, aufgenommen, Männer jedoch wurden davon gejagt, denn das Bild der eigenen Freunde und Brüder, deren verwesende Körper ihnen nach dem Leben trachteten, saß noch zu tief.

Ein kurzes Nicken lässt das Mädchen verstummen.

Es war unserem Volk niemals bestimmt, in feiger Abgeschiedenheit zu verharren. Berichte uns, wie sich die Amazonen aus dem Schatten erhoben.

Die vorletzte Schülerin ergreift das Wort.

Als die Anzahl der Frauen zu groß geworden war, um alles gemeinsam zu entscheiden, wählten sie Amazone al Amvah, eine derjenigen, die kurz nach der Ankunft im Nordwald geboren worden war, zur ersten Königin. Sie zeichnete sich dadurch aus, sowohl eine hervorragende Kriegerin zu sein, als auch durch Befragen des Orakels den Willen des Vaters ergründen zu können. Nur wenige sind auf diese Art von Valirian gesegnet und wer es ist, hat die Chance einmal selbst Königin zu werden. Unter ihrer Führung wuchs unser Volk zu neuer Größe. Bündnisse wurden geschlossen, Handel getrieben, die Dunkelheit standhaft bekämpft und das Wort des Vaters wurde in den Nordlanden verbreitet. Außerhalb unseres Reichs trafen junge Schwestern gelegentlich auf Männer, die sie für stark, geschickt und klug genug hielten, um ihnen eine Tochter schenken zu dürfen und da wir nie vergessen, dass wir neben allem anderen auch Frauen sind und zu verführen wissen, wuchs das Volk der Amazonen weiter.

Aus diesen besonderen Umständen erwuchs unser Volk, unsere Gesellschaft, die sich von den anderen durch mehr als durch die Abwesenheit von Männern unterscheidet.

Der Blick wandert zur letzten der sechs.

Durch die vielen Waisenkinder, die während der Gründung unseres Volkes Aufnahme fanden und die viele harte Arbeit, die das Errichten einer neuen Heimat mit sich brachte, wurde es üblich, dass nicht die Abstammung, sondern Können und Rang die Familienverhältnisse regeln. Jede Frau kann jedem Mädchen Lehrerin, Mutter und Vorgesetzte sein. Daher übernimmt auch heute noch die Gemeinschaft die Erziehung. Die Königin ist unsere Mutter, es ist unwichtig wer uns gezeugt oder geboren hat, denn wir sind Kinder der Gemeinschaft und Töchter Valirians.

Teil II: Gesellschaft und Gesetze

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Teil III: Heiligtümer und Schätze

Das Drachenschwert

Es wurde der Legende nach bereits lange Zeit vor dem Auszug der Missionare, aus denen das Volk der Amazonen entstand, von einem Günstling Valirians im Feuer eines Drachen geschmiedet. Der Klinge der recht schlichten und etwas altertümlichen Waffe konnte die Zeit nichts anhaben. Sie rostet nicht, wird nicht schartig oder spröde und ist nicht nur Waffe, sondern auch ein Zeichen der Macht und der Verbindung zu Valirian, das die Königin ihrer Nachfolgerin vermacht. Einer Prophezeiung nach ist der Tag, an dem die Klinge bricht, der Anfang vom Ende des Volkes.

Das Ewige Feuer

Der Legende nach sandte Valirian selbst die Flamme, an der das Feuer entzündet wurde, in dem die ersten Söhne des Volkes geopfert wurden. Es brennt noch heute verborgen in den Katakomben unter der Burg. Nur wenige wissen, wo es sich befindet und haben Zugang dazu. An ihm werden beim Tod der Königin die Fackeln entzündet, mit denen ihr Scheiterhaufen entfacht wird. Es zu hüten und mit geweihtem Holz zu nähren ist eine wichtige und heilige Aufgabe, denn sein Erlöschen ist ein weiterer prophezeiter Vorbote des Untergangs der Amazonen.